Interview mit Viola Davis

In FENCES spielen Sie Rose Maxson, eine der markantesten Frauenfiguren aus Wilsons Feder. Im Laufe Ihrer Karriere haben Sie auch Mattie in „Joe Turner’s Come and Gone“, Vera in „Seven Guitars“ und Tonya in „King Hedley II“ gespielt. Welches Frauenbild hatte August Wilson?

Die Frage müssten wir August Wilson stellen, aber leider ist das nicht mehr möglich. Ich erinnere mich allerdings daran, dass er sich einmal über Vera in „Seven Guitars“ geäußert hat. Es ging sinngemäß darum, dass die Männer im Hinterhof allerlei Zeug reden, bis schließlich eine Frau kommt und sagt: „Hört mal zu, ich habe euch etwas zu sagen!“ Obwohl August diese Szene verfasste, war er beim Schreiben wohl selbst überrascht, dass diese Frau plötzlich auftauchte. Er fragte sich innerlich: „Okay, wie heißt du denn?“ Und sie sagte: „Vera.“ August Wilson hatte die besondere Gabe, sich in seine Figuren hineinzudenken. Das gilt auch für weibliche Rollen wie Vera, Rose oder Mattie. Er hat genau verstanden, was es bedeutet, eine Frau zu sein. Auch er war voller Mitgefühl und Verwundbarkeit.

Welche Frauen haben Ihre Darstellung von Rose geprägt?

Das war ich zum einen selbst, zum anderen waren das meine Mutter, meine Presseagentin und meine Managerin. Im Grunde war es jede Frau, die es gibt, egal, ob schwarz oder weiß. Jede Frau, der ich jemals begegnet bin und die sich für andere Menschen oder für eine bessere Welt einsetzt. Das ist die Kraft, die uns Frauen innewohnt. Ich zitiere gern die große feministische Autorin Betty Friedan. Sie meinte, dass Frauen hinter perfekt aufgetragenem Lippenstift und blitzblank geputzten Böden ihren Schmerz verstecken. Das gilt auch für Rose. In dieser Hinsicht ist Rose eine ganz normale Frau. Uns wird beigebracht, unsere Träume, unsere Hoffnungen und unsere Stimme zu unterdrücken. Sogar heute noch. Obwohl wir doch eigentlich ein gleichberechtigtes Leben führen, erheben wir oftmals nicht unsere Stimme und lassen uns in eine Ecke drängen.

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