FENCES
Wer ist August Wilson ?
August Wilsons Leistung ist beispiellos in der Geschichte des amerikanischen Theaters.
Der „Zyklus eines amerikanischen Jahrhunderts“ gleicht einem groß angelegten afroamerikanischen Historienspiel. Es umfasst unter anderem die Sklaverei und deren Abschaffung, die Naturschönheit im Süden und die Slums im Norden, den Kampf der Arbeiterklasse und die postindustrielle Verzweiflung. Die herrschende weiße Klasse, die das Leben der Schwarzen schicksalhaft lenkte und lenkt, bleibt in den Stücken stets im Hintergrund. Wilson schenkte seine ganze Aufmerksamkeit den schwarzen Arbeitern und ihren Familien. Pittsburghs Stadtviertel Hill, in dem Wilson aufwuchs, wurde zu einer Bühne, auf der er die gesamte Klaviatur menschlicher Emotionen spielte.
Dabei rüttelte Wilson auch das weiße Amerika wach. Denn die Figuren, die seiner Fantasie entsprungen waren, basierten auf authentischen afroamerikanischen Lebensgeschichten. Auf Menschen, die Sklaverei und Rassentrennung ertragen mussten, die ihr afrikanisches Erbe ablegen mussten, die lange Zeit als Bürger zweiter Klasse galten und auch noch in Zeiten der Gleichberechtigung als unwürdig angesehen wurden, im Mittelpunkt literarischer Kunst zu stehen.
Erstaunlicherweise hat sich Wilson das Schreiben weitgehend selbst beigebracht. Er verließ die Schule im Alter von 14 Jahren, nachdem ein Lehrer ihm vorgeworfen hatte, eine Hausarbeit plagiiert zu haben – aus dem einfachen Grund, da sie ihm zu gut erschien, als dass ein schwarzer Junge sie verfasst haben könnte. Wilson machte weiter. Er studierte die Bücher aus drei Filialen der Bibliothek seiner Stadt und legte dabei besonderes Augenmerk auf die Abteilung „Negro“. Als die schwarze Kunstbewegung in den 1960er-Jahren einen neuen Höhepunkt erreichte, begann er, Gedichte zu schreiben, und startete danach seine ersten Versuche als Autor von Theaterstücken. Sie wirkten steif und manieriert und ließen viele Selbstzweifel erkennen. Damals schrieb Wilson in einem schelmischen und äußerst weißen Ton.
Erst als er nach St. Paul, Minnesota, gezogen war, befreite sich seine Muse. Er schrieb „Jitney“ und legte 1982 sein nächstes Stück, „Ma Rainey’s Black Bottom“, beim National Playwrights Institute am Eugene O’Neill Theater Center vor. Das war der legendäre Anlaufpunkt für junge Autoren und deren Stücke. Nachdem Eugene O’Neill das Stück ausgewählt hatte, arbeitete Wilson mit Regisseur Lloyd Richards, der sein Mentor werden sollte. „Ma Rainey’s Black Bottom“ wurde im Sommer 1982 als szenische Lesung aufgeführt. O’Neills strenge Regel, dass kein Theaterkritiker den Lesungen beiwohnen durfte, wurde eingehalten. Doch schnell drangen die begeisterten Berichte bis zum Broadway vor.
Wilson erhielt zwei Pulitzer-Preise, einen für „Fences“ und einen weiteren für „The Piano Lesson“. Darüber hinaus verlieh ihm der New York Drama Critics’ Circle erstaunliche acht Mal den Preis für das beste Theaterstück des Jahres. Das National Theatre in London führte unlängst eine viel gelobte Produktion von „Ma Rainey’s Black Bottom“ auf. Sie gewann den Olivier Award, das britische Äquivalent zum US-Theaterpreis Tony.
Wilsons Gesamtwerk wird jetzt abgerundet, indem sein auf „Fences“ basierendes Drehbuch Früchte trägt. Er schrieb den ersten Entwurf in den späten 1980er-Jahren und feilte bis zu seinem Tod daran. Indem Denzel Washington den Film realisierte, erfüllt sich posthum auch Wilsons Wunsch, dass ein afroamerikanischer Regisseur das Drehbuch verfilmt. So oft wie August Wilsons Stücke auf Bühnen aufgeführt werden, so oft werden sie auch an Schulen, Colleges und Universitäten gelesen. Dass aus einem seiner Theaterstücke nun ein Film geworden ist, hält die Geschichte nicht nur im Bewusstsein der Menschen, sondern bannt sie auch in höchster schauspielerischer Vollendung auf das Medium Film.
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